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“Erasmus und Dario/Koi” 01
 

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Etwa achthundert Jahre nach Christus ...

Das war ja noch schöner, jetzt sollte Erasmus schon wieder ausfegen. Sein Meister konnte sich dafür doch noch einen Sklaven kaufen, aber dafür war er wieder mal zu geizig. Mit dem Besen in der Hand knurrte der junge Schwarzmagier und stand in der Bibliothek seines Meisters. Aber noch ehe er anfing zu fegen, warf er den Besen in eine Ecke und brüllte verärgert auf. Hier war er heillos unterfordert, er hatte so ziemlich jede Schriftrolle schon gelesen und sein Meister ließ ihn noch immer den Fußboden fegen. "Na warte." knurrend, ließ er einen Sturm erwachsen und so fegte der Wind durch die Bibliothek und fegte den Staub und alles mögliche nach draußen auf den Hof. Daß auch Schriftrollen mit rausflogen, juckte ihn wenig, es waren nur die Rollen, die sein Meister liegengelassen hatte, denn alles was in den Regalen lag, war auch liegengeblieben. Erasmus selbst legte immer wieder alles an seinen Platz, er war zwar ein, wie ihn sein Meister immer nannte, Wilder, aber er war ein ordentlicher Wilder. Als der Sturm wieder abflaute, stand der Rotäugige in der blitzsauberen Bibliothek und nickte zufrieden, bevor er ein "Ist alles sauber, Meister !!!" brüllte.

"Du dreimalverfluchter Bengel !!! Sieh dir an, was du getan hast – ich habe Monate gebraucht, um all die richtigen Rollen herauszusuchen und in die richtige Anordnung zu bringen !!!" Der alte Römer war außer sich vor Wut – als er vor einigen Jahren diesen jungen Kelten auf dem Sklavenmarkt kaufte, hatte er noch gehofft, aus ihm einige Geheimnisse herauszuquetschen und einen guten Arbeitssklaven zu haben. Doch anstatt ihm die Geheimnisse des Schamanen - bei dem der Junge angeblich zuvor aufgewachsen war - zu verraten, machte er nur Ärger. Mit einem wütenden Fluch pickte Tustian eine Spinne aus seiner Robe und verbrannte sie – fluchte erneut und wob einen Zauber, um all den Staub, die Spinnweben, Spinnen und anderes Geziefer, das mit dem Sturm aus der Bibliothek geweht worden war, aus seinen Haaren, dem langen Bart und auch den Roben zu entfernen. Dann ging er hinein und gab dem jungen Mann eine laut hallende Ohrfeige auf den Hinterkopf, packte ihn am Ohr und zerrte ihn auf den Hof. "Mir reicht es mit dir – ich hätte dich schon lange meinen Kampfhunden zum Fraß vorwerfen sollen, so wärst du wenigstens noch zu etwas nütze !! Aber das werde ich jetzt ändern – geh in dein Zimmer und pack deine Sachen. Du wirst mir etwas holen – und nun geh ! Geh mir aus den Augen und zeig dich erst wieder, wenn du fertig bist !!!"

"Dann hättest du die Rollen in das freie Regal legen sollen !!" keifte Erasmus zurück und spuckte auf die Füße seines Meisters. Dann drehte er sich um und ging in seine Kammer. Er war froh, daß er rauskam und innerlich grinste er breit. Als Zwölfjähriger hatte der Alte ihn gekauft und schon damals hatte Erasmus gewusst, daß Tustian nur eins wollte: Die Geheimnisse der schamanischen Magie, aber die hatte der Rotäugige niemals preisgegeben. Der Schamane war der Einzige gewesen, der ihn gut behandelt hatte, und er versprach ihm, nie auch nur eines der Geheimnisse preiszugeben. Daß er jetzt ne Zeitlang wegkonnte, war fast schon ein Triumph, jetzt konnte Tustian seinen Dreck selber wegputzen. Als Rasmus alles, was nötig war, in ein Bündel gepackt hatte, kam er wieder auf den Hof und grinste erneut, weil der Alte noch immer damit beschäftig war die Rollen aufzusammeln. "Soll ich das Zeug wieder reinfegen ?"

Leise knurrend, verengte der Alte seine Augen – dann zeigte er auf seinen Sklaven und wisperte einen Zauber, der einen Schmerz wie tausend glühende Nadeln durch den Körper Erasmus zucken ließ. Er hielt den Zauber für einige Sekunden und ließ ihn dann wieder versiegen, ehe er wieder zu dem heftig Keuchenden sprach. "Unverschämter Bengel ! Halte deine Zunge im Zaum und zeige den Respekt, den du mir schuldig bist ! Und jetzt komm – ich habe nicht die Zeit, mich noch länger mit dir rumzuärgern." Ohne ein weiteres Wort drehte der schwarze Magier sich um und ging in sein Studierzimmer - legte die Rollen zur Seite und nahm eine alte, verstaubte Rolle aus dem Regal an der Seite, während er darauf wartete, daß sein Sklave gehorchte und hierher kam.

Erasmus hasste es, wenn der Alte diesen Zauber hernahm, aber es zeigte ihm auch, daß er ihm so überlegen war, daß er diesen Zauber überhaupt benutzen musste, um sich behaupten zu können. Der Zauber war mächtig und raubte viel Kraft, wenn man ihn zu oft nutzte, war es nicht gerade vorteilhaft. "Bin schon da." knurrte der Junge nur. Er wünschte sich, daß er seinen Meister einfach töten konnte ... oder sich sonstwie rächen, aber das ging nicht, denn er war an ihn gebunden.

Und genau das wollte der Alte nun für seine Zwecke benutzen. Mit einem finsteren, doch zufriedenen Lächeln betrachtete er die Pergamentrolle in seiner Hand und tippte sich damit kurz an die Lippen, ehe er seinen Schüler fragte. "Du weißt noch, was das hier ist ?"

"Ich bin nicht dämlich, ich weiß genau, was das ist ... und das weißt du ganz genau." knurrte der junge Schwarzmagier. Es war der Blutvertrag, der ihn an seinen Meister band. Tustian hatte ihn am selben Tag geschrieben, als er ihn gekauft hatte. Erasmus war gefesselt gewesen, da hatte Tustian Blut von ihm genommen und damit den Vertrag geschrieben, und so hatte er ihn an sich gebunden. Es war der Vertrag, der dafür Sorge trug, daß Rasmus seinem Meister nichts antun konnte, und von genau diesem Vertrag wollte der Rotäugige loskommen.

Nun doch ein klein wenig beeindruckt nickte Tustian und legte die Rolle auf den Tisch. "Zumindest scheint bei dir noch nicht alle Intelligenz verloren zu sein. Ich will mich nicht länger mit dir rumärgern – und du willst von mir weg. Nun ... es gibt eine Möglichkeit, uns Beiden den Wunsch zu erfüllen. Bring mir das, was hier auf dem Zettel steht – und ich verbrenne deinen Vertrag. Aber wenn du dich hier noch einmal ohne die Ingredienzien auftauchst, töte ich dich, ohne mit der Wimper zu zucken. Hast du das verstanden, Bengel ?" Der Alte wußte genau, daß auch Erasmus wußte, daß ein simpler Blutzauber genügte, um den durch den Blutvertrag gefesselten zu töten – doch er wollte es von ihm selbst hören, da es ihm eine nicht geringe Genugtuung verschaffte.

"Ja, ich hab's verstanden. Ich bring dir die Sachen." Mit den Worten rupfte Rasmus seinem Meister den Zettel aus der Hand und ließ sich sonst nichts anmerken. Er wusste schon lange, was in seinem Meister so vorging, und zeigte keine Angst, daß er ihn jederzeit mit einem einfachen Blutzauber töten konnte. Doch er hielt kurz inne und musterte seinen Meister. "Gebt mir euer Wort, Meister."

Jener hob ein wenig überrascht seine Braue – doch dann lachte er keckernd und beruhigte sich erst nach einer Weile wieder. "Mein Wort ? Du überrascht mich, Bengel. Nun – ich gebe dir mein Wort als Schwarzmagier, daß ich dich freilasse, wenn du mir die gewünschten Ingredienzien bringst ... und du mir dein Wort gibst, daß du mich nicht tötest, sobald du frei bist. Ich bin nicht so dumm, wie ich aussehe, Bengel."

"Abgemacht, ich werde dich nicht töten, wenn ich frei bin." Es gab sicher noch andere Wege, den Meister zu töten, ohne daß Erasmus es selber tat. Somit war es besiegelt und er und sein Meister gaben sich kurz die Hand. Dann erst entfaltete Rasmus den Zettel und musterte die Liste der Ingredienzien. "Wo soll es dieses Wesen geben ?"

Das brachte den Alten erneut zum Keckern und er stand auf, musterte den jungen Mann noch einmal geringschätzig und wisperte ein kurzes "Das kannst du selbst rausfinden – und laß dir Zeit !", ehe er mit den Fingern schnippte und Erasmus kurzerhand mit einem Spruch aus seinem Haus warf. Dann drehte er sich wieder um und ging in die Bibliothek, fluchte laut und begann ein weiteres Mal damit, die Schriftrollen zu ordnen und in die richtige Reihenfolge zu bringen.

Und Rasmus kochte nur so vor Wut, er ließ seinem Meister noch etwas da, als er ging. Er sorgte dafür, daß Wolken aufzogen und ließ einen Blitz ins Dach der Bibliothek einschlagen. Dadurch zerbarst das Dach und es konnte ungehindert regnen. Genau das war die Naturmagie der Schamanen, die Erasmus beherrschte, und die der Alte so gern haben wollte. Mit dieser kleinen Demonstration seiner Macht verabschiedete sich Erasmus, schnappte sich sein Bündel und lief los. Es würde sicher Jahre dauern, bis er wusste, zu welchem Wesen diese Zutaten gehörten. Eine Schuppe, ein Stück Flosse und ein Haar ... alles von einem einzigen Wesen.

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In der Tat hatte es mehrere Jahre gedauert, bis Erasmus das Wesen identifizieren konnte - aber es waren auch lehrreiche Jahre. Er hatte sämtliche Bibliotheken durchforstet und dort Einiges gelernt und gelesen. Vom Wissen her war er seinem Meister nun überlegen. Und er hatte herausgefunden, was es für ein Wesen war. Eine Art Meermensch, nur lebte er im süßen Wasser ... ein angebliches Monster. Letzteres wusste er von den germanischen Dorfbewohnern, denn dieses Lebewesen lebte in Germanien. Hier befand sich Erasmus gerade und er betrat ein Dorf, um mehr zu erfahren.

Doch das würde nicht leicht werden – sobald der erste Krieger am Rand des Dorfes den seltsamen Fremden mit den roten Augen sah, zog er sein Schwert und wich zurück, brüllte ein "Dämon !!" und wich noch weiter zurück, während die Frauen und Kinder schreiend die Flucht ergriffen und die Männer mit ihren Schwertern und schon gespannten Bogen hergelaufen kamen, da sie ihr Dorf verteidigen wollten.

"Na wunderbar, als wenn ich es nicht geahnt hätte." wisperte Erasmus und seufzte leise. Natürlich könnte er sie alle mit einem Fingerschnippen wegpusten, aber er wollte ja etwas erfahren. Im Geiste notierte er sich, daß er einen Zauber zum Tarnen entwickeln sollte. "Ich tue euch nichts, ich will nur mit eurem Schamanen sprechen !" rief er den Männern in germanischer Sprache zu, er legte gleich darauf sein Bündel ab und hob die Hände als Geste der Freundlichkeit.

Die Worte ließen die Krieger erleichtert aufatmen ... sie wußten, daß ihr Schamane schon öfters einmal Besuch bekommen hatte und einer lief sofort, um ihn zu holen und so diese Situation zu klären. Als der Krieger jedoch an der ein wenig außerhalb gelegenen Hütte ankam, staunte er nicht schlecht, als ihm der alte Schamane schon entgegenkam und sich von seinem jungen Lehrling dabei stützen ließ, da ihn seine Beine nicht mehr so sicher trugen. "Bring mich hin, Torman – ich fühle, daß der Neuankömmling zu mir will." Der junge Lehrling nickte nur und half seinem Meister gekonnt, während der Krieger ihm vorlief und erleichtert seinem Häuptling Bescheid gab, daß der Schamane schon auf dem Weg sei.

Erasmus blieb, wo er war, und wartete geduldig, bis der Schamane zu ihm kam oder er zu ihm gebracht wurde. Er wollte dem Dorf wirklich nichts antun, es kamen aber trotzdem alte Erinnerungen hoch. Als Kind war er schon immer Dämon genannt worden, gleich nach der Geburt hatte man ihn ertränken wollen und dann nahm ihn der Schamane zu sich. Ins Dorf durfte er nie gehen, und wenn ihn einer der Anderen sah, nannte man ihn weiterhin Dämon. Erst sein Meister in Rom hatte ihm den Namen Erasmus gegeben. Das war das Einzige, wozu er ihm zu Dank verpflichtet war, denn er hatte dort einen richtigen Namen erhalten.

Es dauerte eine Weile, bis der alte Schamane bei ihnen angekommen war und er nickte kurz, als die Krieger ihm sofort Platz machten. Er musterte den ungewöhnlichen, jungen Magier vor sich und vor allem dessen blutrote Augen – das war selten, doch er hatte schon davon gehört. "Sei gegrüßt, junger Magier – ich denke, wir haben sehr viel zu bereden, folge mir einfach." Damit drehte er sich wieder um, doch es war durch seine schlechten Beine langsam genug, daß der Fremde zu ihm treten und ihm folgen konnte, während er sich wieder auf seinen Schüler stützte.

Wirklich mehr als genug Zeit, so nahm Erasmus sein Bündel wieder auf und schloss gelassen zu dem alten Schamanen samt Lehrling auf. Der Schamane musste wirklich schon sehr alt sein, wenn er kaum laufen konnte, normal hatten die Schamanen eine besser Gesundheit als sonst wer. Nur war Rasmus noch nie sonderlich geduldig gewesen und so sprach er einen kleinen Stärkungszauber, der die Beine des Alten etwas kräftigte. "Sieh es als Geschenk für Informationen, Alter."

Der nickte dankbar und ging nun etwas schneller, auch wenn es noch immer langsamer war als die kraftvollen Schritte des Fremden. Doch sie kamen schließlich an der weiter weg gelegenen Hütte des Schamanen an und der Lehrling half seinem Meister hinein, dort auf einen bequemen, fellbedeckten Stuhl und setzte sich an die Seite des Alten, der ihm sacht durch das Haar kraulte. "Schließ die Türe, junger Magier – und dann erzähle mir, weshalb du hierher gekommen bist."

Rasmus schloss die Tür und legte sein Bündel daneben ab, bevor er zu dem Alten kam und sich ihm gegenüber hinsetzte. Nur kurz fiel sein Blick auf den jungen Lehrling, der das Kraulen sichtlich genoss. "Ich suche ein Wesen. Ich habe Hinweise gefunden, die mich in diese Gegend geführt haben. Ein Fischmensch, der im süßen Wasser der Flüsse und Seen lebt, nicht in den Meeren. Ihr wisst sicher etwas, hab ich Recht ?"

Das ließ den Alten leise aufseufzen und sein Lehrling sah besorgt zu ihm hoch, beruhigte sich aber wieder, als der Alte ihm kurz über den Nacken koste. Dann sah der Alte wieder zu dem Fremden und nickte kurz, ehe er zu sprechen begann. "Natürlich weiß ich darüber ... ich bin alt genug, um noch von meinem Meister die wahre Geschichte hinter diesen Fischmenschen zu kennen. Es gibt sie in vielen Flüssen und Seen, denen du hier begegnen wirst – und sie sind alle gefährlich. Sie töten die Menschen und fressen sie, trinken ihr Blut und man findet sie immer dann, wenn Kriege an Flüssen geführt werden, wenn sie die Toten und die Verwundeten holen, um sich an ihnen zu laben. Es gibt Männer wie Frauen von ihnen – die Gefürchtetste ist die Loreley an einem der Felsen im Rhein. Diese Fischmenschen wurden von einem schwarzen Magier geschaffen, der sie als seine Schutzwache und auch zu seinem Vergnügen schuf – als er schließlich starb, waren sie frei, verteilten sich in den Flüssen und vermehrten sich. Viele Krieger und Zauberer machten schon Jagd auf diese Geschuppten ... und viele starben dabei. Das ist nun schon über sechshundert Sommer her und es gibt zum Glück nicht mehr allzuviele ... doch es gibt sie noch und gerade hier in der Nähe lebt einer von ihnen. Er tötete schon einige Krieger unseres Stammes und auch die anderer Stämme, doch man hat ihn nie gesehen."

Erasmus lauschte den Worten sehr ruhig und als der Alte erzählt hatte, nickte er sacht. "Also sind es magische Wesen, von einem sehr mächtigen Schwarzmagier. Kein Wunder, daß mein Meister etwas von ihnen haben will." Er murmelte nur und es klang, als würde er sich nur zu sich sprechen. In der Schuppe, der Flosse und dem Haar steckte alte Magie und genau die wollte sein Meister haben, um irgendwelche Sprüche zu verstärken. "Wo verschwanden die Männer ? Ich möchte dorthin und vielleicht gelingt es mir, euch von diesem Wesen zu befreien." Innerlich war er sicher, daß er es schaffte, und das sah man ihm auch an.

Die siegessicheren Worte ließen den Alten leise aufseufzen und er schloß einen Moment lang die Augen, ehe er wieder zu dem jungen Schwarzmagier blickte und dabei sehr ernst wurde. "Ich meinte das wörtlich, als ich sagte, daß ihn nie Jemand gesehen hätte ... denn sie sind alle tot. Wir wissen es nur, weil sie immer am Fluß verschwanden – und wenn man ihre Leichen fand, waren sie blutleer und an ihrem Hals sah man Wunden wie von Bluttrinkern. Im Gegensatz zu den anderen Fischmenschen frißt er sie nicht – er trinkt nur ihr Blut. Und daß er es war, kann ich fühlen ... die alte Magie, die ihn schuf, ist noch immer spürbar. Aber ich kann dir nicht sagen, wo er ist – überall an den Zuflüssen zur Donau wurden Tote gefunden, auch wenn es weniger geworden sind. Brich deine Suche lieber ab, junger Magier – es ist sinnlos, du findest ihn nicht und wenn doch, wird er auch dich töten, da die Zauber ihm nichts tun."

"Das dachte ich mir schon fast ... Zauber und Krieger ... aber mit List hat es scheinbar noch Keiner versucht." Beim Sprechen stand Rasmus auf und neigte sich zu dem Alten herab. "Ich danke dir für die Informationen. Doch deine Ratschläge brauche ich nicht ... ein Ratschlag von mir, nimm den Kleinen mal richtig, er verzehrt sich nach dir, mein Alter." Bei dem Wispern neigte er sich noch näher und er küsste den Alten kurz auf die Lippen. Dann wendete er sich ab und ging zur Tür, nahm seinen Beutel auf und verließ die Hütte.

Der alte Schamane keuchte leise, denn er fühlte das Geschenk der Stärkung, das ihm dieser Junge gegeben hatte, durch seinen Körper fließen. Bei dem leisen "Meister ?" seines Lehrlings horchte er jedoch auf und lächelte, neigte sich näher zu ihm und wisperte ihm sanft ins Ohr, so daß der junge Lehrling tief errötete, doch heftig nickte und seinem Meister in den hinteren Schlafbereich half. Der Alte wünschte diesem fremden Schüler viel Glück – doch dann dachte er nicht mehr an ihn, denn er nahm an, daß er ihn nie wiedersehen würde und widmete sich lieber seinem Lehrling.

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Nach ein paar Tagen hatte Erasmus einen kleinen See erreicht. Er war die kleinen Flüsse abgegangen, und dieser See lag zentral zu allem. Hier vermutete er dieses Fischmenschwesen, und auch wenn er ihn nicht direkt mit Zauber aufspüren konnte, er hatte genug Zeit gehabt, um einen listigen Plan zu entwickeln. Teils hatte er ihn schon in der Hütte des Schamanen gehabt, denn als der Alte erzählte, daß dieses Wesen nur das Blut der Opfer trank, war die Lösung doch recht einfach gewesen. Auch Haie konnte man mit einem Tropfen Blut anlocken, genau wie einige Vampire, die nicht geboren waren. Und wenn wirklich Blut von Vampiren in diesem Wesen steckte, würde es klappen. Rasmus legte sein Bündel etwas weiter weg und ging mit einem Messer in der Hand zum Ufer des Sees. Dort schnitt er sich in die Hand und ließ etwas von dem Blut ins Wasser tropfen. Als das geschehen war, ging er weiter vom Ufer weg und legte eine Blutspur. Er wollte das Wesen an Land locken, denn dort hätte er es einfacher. Erst, als er genug Abstand hatte, legte er sich selber ins Gras und wartete. Er wirkte und roch wie ein Verletzter, denn er beschmierte seinen Körper auch mit seinem Blut. Ebenso sah er etwas heruntergekommen aus, das war kein Problem gewesen, denn durch den Waldmarsch hatte er überall kleinere Kratzer bekommen, war verdreckt und roch etwas schäbig. Jetzt hieß es nur noch abwarten.

Versteckt in einer kleinen Höhle an den Klippen am Seerand merkte der Fischmensch, den Erasmus jagte, auf, als er im Wasser das Blut schmecken konnte. Dario kannte den Unterschied zwischen dem Blut eines Tieres und eines Menschen – und er war inzwischen schon so ausgehungert, daß er nicht widerstehen konnte, auch wenn all seine Instinkte ihm rieten, versteckt zu bleiben. Es war Vollmond und der wolkenlose Himmel sorgte dafür, daß man ihn mehr als nur gut sehen würde – doch er hatte schon seit Monaten nichts anderes als Tierblut zu sich genommen und er brauchte das nahrhafte Menschenblut, das immer deutlicher wurde, als er in die Richtung schwamm, aus der es kam. Vorsichtig tauchte Dario auf und beobachtete das Ufer – er sah keine Menschen, die sich bekämpften, und auch sonst Keine, die gesund waren und einen Verletzten versorgten. Doch er roch das frische Blut, das in den Uferboden tropfte und zögerte, ehe er sich langsam aus dem Wasser erhob. Nun konnte er einen Mann sehen, der scheinbar verletzt war – die guten Augen des Fischmenschen sorgten dafür, daß er die kleineren Wunden sah und auch das scheinbar nurmehr schwache Heben und Senken des Brustkorbs, eigentlich ein untrügliches Indiz dafür, daß der Mann schon im Sterben lag. Es dauerte noch einige Herzschläge, bis Dario sich überwinden konnte, das Risiko einzugehen und er schwamm langsam ans Ufer, kroch schließlich an Land und zog sich mit den Händen weiter, bis er schließlich bei dem Verletzten angekommen war und seine langen Fänge entblößte, um sie in die Schlagader des jungen Mannes zu schlagen.

Doch der lag nicht im Sterben und hatte durch seine Ponyhaare mitangesehen, wie der Fischmensch mühevoll zu ihm gerobbt war. Der Goldene musste wirklich Hunger haben, wenn er diese Strapaze auf sich nahm und damit hatte Erasmus gerechnet. Noch bevor Dario nur dran denken konnte, seine Fänge in den Hals der Beute zu graben, rollte Rasmus sich aus dessen Reichweite und stand geschwind auf. Jetzt nutzte er schamanische Magie und der Boden um den Fischmenschen erhob sich zu einem Wall aus Erde und Steinen. So schuf er ein natürliches Gefängnis, wo Dario aus eigener Kraft nicht wieder herauskam, denn er hatte keine Beine, um aufzustehen.

Ihm antwortete ein lauter, wütender Aufschrei – der Fischmensch hatte mit viel gerechnet, doch nicht mit so etwas. Verzweifelt rollte er seinen Fischschweif ein und nutzte dies, um sich hochzuschleudern und über den schmalen Uferstreifen zum Wasser zu kommen. Dario hatte diesen Menschen gründlich unterschätzt – und er wußte, daß seine einzige Rettung das Wasser war, in dem er ihm entkommen konnte.

Als Dario es schaffte, über den kleinen Steinwall zu springen, fluchte Rasmus leise und errichtete einen neuen direkt vor dem Wasser. Die schamanische Magie half ihm sehr und so erhoben sich Findlinge aus der Erde und wurden zu einer Mauer aus Stein. "Ich will nur ne Kleinigkeit von dir, dann lass ich dich wieder frei !" rufend, stürzte sich der Magier nun selbst auf das Wesen. Er brauchte nur eine Schuppe, ein Haar und ein kleines Stück Flosse. Das Ganze stellte sich aber mehr als schwer heraus, denn der Goldene benahm sich wie die Wesen, die er vereinte, und so keuchte Rasmus auf, als er die Krallen zu spüren bekam.

Und das nicht zu knapp – Dario nutzte nicht nur seine Krallen, sondern auch die langen Fänge und die Kraft seines Fischschwanzes, um damit den Magier zu attackieren. Er hatte Angst ... mehr als nur Angst, und der Steinwall tat sein Übriges, um diese Angst noch zu verstärken. Außerdem fühlte der Goldene, wie er durch den trockenen Schlamm langsam austrocknete – er mußte ins Wasser und das, solange er noch Kraft genug dafür hatte. Doch noch etwas anderes wuchs in ihm und verlangte nach Beachtung ... sein Hunger nach Blut, der noch durch die frischen Wunden des Menschen verstärkt wurde.

Inzwischen hatte Rasmus schon mal die Haare erwischt, auch wenn er dafür wieder von den Krallen erwischt worden war. Der Kampf zehrte auch an den Kräften des Magiers und so wurde er von einem Flossenschlag weggeschleudert, als er nicht aufpasste. Einige Meter weit weg schlug er hart auf und keuchte leise. Das Ganze war doch schwieriger, als er es sich gedacht hatte.

Und genau das nutzte Dario, robbte und sprang so gut er es vermochte um den zweiten Steinwall und zum Wasser, das nurmehr ein winziges Stück von ihm entfernt war. Daß der Andere ein Schamane sein mußte, war dem Goldenen inzwischen klar – denn das war die einzige Magie, gegen die er nicht gefeit war. Aber dann erreichte er endlich das Wasser und mit einem letzten Sprung glitt er in das dunkle Naß, schwamm sofort tiefer und erschauerte, als ihm klar wurde, wie knapp er Gefangenschaft oder Tod entkommen war.

Nur hatte Erasmus beides nicht vorgehabt, er wollte nur ein paar Dinge haben und eines davon hielt er fest in der Hand. Er fluchte leise, als Dario zurück ins Wasser entkam, stutzte dann aber, als er fühlte, wie die Magie in den Haaren schwächer wurde. "Was bei allen Göttern ?" Er musterte die Haare und fluchte weiter leise vor sich hin. Dann wurde es ihm klar und er ließ sich seufzend nach hinten sinken. "Verflucht, dein Meister war ganz schön gerissen, Fischlein."

Doch der hörte die leisen Worte nicht mehr, da er sofort durch den unter Wasser liegenden Zugang in seine Höhle geflohen war und nun bebend auf den Fellen lag, auf denen er immer schlief. Das Erlebnis zehrte sehr an seiner Kraft – einerseits durch den gezwungenen Aufenthalt an Land und andererseits auch durch die Angst, getötet zu werden und den Hunger, der nicht gestillt hatte werden können. Doch nach und nach wurde Dario ruhiger und schlief trotz des nagenden Hungergefühls ein, um neue Kraft zu tanken.

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